Hohe Grundstückspreise sind schön – auch für das Finanzamt

16. August 2022

Familienheim

Die Übertragung des Familienheims zu Lebzeiten an den Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner ist steuerfrei. Dies ist auch im Erbfall so, wenn der Erblasser bis zum Todesfall in dem Haus gelebt hatte oder aus zwingenden Gründen (z.B. Pflegefall) hieran gehindert war. Allerdings muss im Erbfall der überlebende Ehegatte das Haus mindestens 10 Jahre selber weiter nutzen und im Eigentum behalten. Die Steuerbefreiung fällt rückwirkend weg, wenn die Immobilie vorzeitig weiter übertragen (z.B. auch mit Nießbrauchvorbehalt) oder verkauft wird. Ebenso fällt die Steuerbefreiung weg, wenn die Immobilie vom überlebenden Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner nicht mehr selber genutzt wird.

…und bei Übertagung auf Kinder

Wenn im Erbfall das Familienheim auf die Kinder übertragen wird, gibt es ebenfalls eine Steuerbefreiung. Hier gelten die Voraussetzungen entsprechend (mindestens 10 Jahre im Eigentum behalten und selber nutzen) und zusätzlich ist die Steuerbefreiung begrenzt auf Wohnungsgrößen von 200 qm. Bei größeren Wohnungen gilt die Steuerbefreiung nur für einen Anteil von 200 qm an der Gesamtfläche. Ist die Wohnung zum Beispiel 250 qm groß, bleibt die Vererbung des Familienheims für das Kind, welches das Haus mindestens 10 Jahre behält und unverzüglich nach dem Erbfall selber nutzt mit einem Anteil von 200qm/250qm = 80% steuerfrei.

Hindernis an der Selbstnutzung

Der Erwerber, ob Ehegatten oder Kinder, müssen also das Familienheim selber nutzen, um im Erbfall an die Steuerbefreiung zu kommen. Nur wenn zwingende Gründe die Selbstnutzung verhindern, kann dennoch die Steuerbefreiung gewährt werden.
Ein objektiver, zwingender Grund liegt vor, wenn das Familienheim aufgrund höherer Gewalt zerstört ist und die Selbstnutzung damit nicht mehr möglich ist. Der Erwerber ist nicht zum Wiederaufbau verpflichtet. Stellt der Erwerber das Objekt jedoch wieder her, ist er danach auch wieder zur Selbstnutzung verpflichtet.

Eine spannende Grundsatzentscheidung des BFH vom 1.12.2021:

Ebenso bleibt die Erbschaftsteuerbefreiung erhalten, wenn der überlebende Ehegatte auszieht, weil ihm die weitere Nutzung des Familienheims unmöglich oder unzumutbar ist. An diese Voraussetzungen werden jedoch strenge Maßstäbe gesetzt. Der BFH hat mit Urteil vom 01.12.2021 entschieden, dass zwingende Gründe gegen die Selbstnutzung nicht nur im Fall der Unmöglichkeit, sondern auch der Unzumutbarkeit vorliegen können.
Im strittigen Fall hatte die überlebende Ehefrau an einer depressiven Erkrankung gelitten, die sich nach dem Tod ihres Ehemannes gerade durch die Umgebung des ehemals gemeinsam bewohnten Hauses verschlechtert habe. Aufgrund ärztlichen Rates habe sie dann das Haus verlassen und sei in eine andere Wohnung gezogen.
Der BFH hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen.
Grundsätzlich setzt die Steuerbefreiung voraus, dass der Erbe für zehn Jahre das geerbte Familienheim selbst nutzt, es sei denn, er ist aus „zwingenden Gründen“ daran gehindert.
„Zwingend“, so der BFH, erfasse nicht nur den Fall der Unmöglichkeit, sondern auch die Unzumutbarkeit der Selbstnutzung des Familienheims.
Diese könne auch gegeben sein, wenn der Erbe durch den Verbleib im Familienheim eine erhebliche Beeinträchtigung seines Gesundheitszustands zu erwarten habe.

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